1. Gespräch
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Gesellschaftlicher Kontext der Gesprächsproblematik
Der amerikanische Philosoph Charles Sanders Peirce formulierte Ende des 19.
Jhdts. ein Programm der Gemeinschaft von Forschenden, das Leitbild-Funktion für
pädagogische Vorstellungen enthält: Ein gleichsam unendlicher Gesprächskreis, in
den alle aufgenommen werden, die zur Sache etwas zu sagen haben (…).
Ein solcher Gesprächskreis könnte mit einer kleinen Gruppe von Kindern in der Kita
beginnen, eine gleichsam embryonische Erscheinung, der die Möglichkeit der
endlosen Ausweitung innewohnt, das Modell für die prinzipiell unendliche
Gemeinschaft des Gesprächs. Und es ließe sich zeigen, dass Kinder unter dem
Vorzeichen der „veränderten Kindheit“ gerade die wechselseitige Vergewisserung
der Wirklichkeit entbehren, die das Gespräch bietet.
Was vermag mehr Substanz und Ordnung in ihre Vorstellungs-Welt zu bringen, die
von einer Schwemme exotischer, unverarbeiteter Bilder aufgeweicht ist, wenn nicht
das Gespräch?
Daniel Goldhagen: “Die grundlegende Art und Weise, in der eine Kultur die Ordnung
ihrer Welt begreift und repräsentiert, wird als ‚Gespräch’ bezeichnet.“ D. G., Hitlers
willige Vollstrecker, Berlin 1996)
Wilhelm von Humboldt sieht in der Sprache (ich übertrage: „im Gespräch“) Organon
(Werk) und Ergon (Werkzeug) zugleich. Auf dem Hintergrund dieser Feststellung
verfolgt das Gespräch als Werk in seiner ästhetischen Gestalt unmittelbar Ziele des
Ethik-Unterrichts und des Philosophierens mit Kindern.
Entlang dieser Argumentationslinie könnte wohl die besondere Hinwendung der
Pädagog*innen zu Dialog und Diskurs einschließlich einer kultivierten
Gesprächsdidaktik nicht nur im Ethik-Unterricht begründet werden.
Beide Elemente – das Gespräch als zentrales Medium der Geistesgeschichte
(Humboldt) und das Gesprächsdefizit in der modernen „veränderten Kindheit“ (laut
aktueller BMFSFJ-Studie pro Tag 47 Minuten Gesprächszeit mit Kindern in der
Familie!) ergänzen sich. „Kinder brauchen Gespräche“ könnte in Anlehnung an
Bettelheim („Kinder brauchen Märchen“) das Motto lauten, zumal in einer Zeit, in
der das Gespräch innerhalb der Gesellschaft nur mangelhaft gepflegt wird. Die
Schule und damit der philosophisch orientierte Unterricht, aber auch die
Kindertagesstätte würden eine Art „Insel“ inmitten des Stroms der
Gesprächslosigkeit darstellen, ähnlich wie sie der Vorstellung Neil Postmans zufolge
den althergebrachten, „harten“ Lehrplan der Bücher, der Anstrengung des Begriffs
und der Mühsal des Übens aufrecht erhält inmitten der Wellen des „weichen
Lehrplans“ des Fernsehens und des Internets, der das Bewusstsein der
Heranwachsenden einer sanften Gehirnwäsche unterzieht.
In diesem Zusammenhang würde durch sokratische, philosophierende Gespräche
die Zerstörung der Erfahrung erst thematisierbar. Den Unterricht ent-trivialisieren
heißt deshalb, die Kinder lehren, legitime Fragen zu stellen, deren Antworten nicht
schon vorher bekannt sind!
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Ebenen, Ziele und Methoden des Gesprächs
Die Aussagen von Michael Fröhlich, von David Kennedy (Northern Michigan
University) und Hilbert Meyer werden in einen Zusammenhang der
Gesprächsentwicklung auf drei Ebenen gebracht und mit den jeweiligen
Möglichkeiten von Gesprächsformen verbunden.
Fröhlich spricht in Anlehnung an Klafki vom didaktischen Dreischritt „Entwicklung,
Erprobung, Prüfung“ des Philosophierens, Kennedy von den drei Dimensionen des
philosophischen Gesprächs, wobei die erste Dimension wesentlich konzeptuell, also
inhaltlich definiert ist, die zweite sich auf nützliche Fertigkeiten und Dispositionen
auf philosophischer Ebene bezieht und die dritte schließlich für das
Zusammenwirken der Individuen, die Interaktion der Individuen in einer
„community of inquiry“(Forschungsgemeinschaft) Bedeutung hat, woraus sich auch
die ästhetische Gestalt eines philosophischen Gesprächs ergibt. Hilbert Meyer führt
das unterrichtsmethodische Modell des „dreischrittigen Lehrgesprächs“ ein, das im
Kern ein fragend-entwickelndes Unterrichtsgespräch darstellt und hier deswegen
Erwähnung findet, weil viele Lehrkräfte, die über keine oder wenig Erfahrung mit
der philosophischen Gesprächsform verfügen, häufig ein vertrautes Gerüst
benötigen, um sich zurechtzufinden.
Struktur eines philosophischen Gesprächs (nach D. Kennedy)
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Gesprächskompetenzerwerb als Lernziel für alle
Unterrichtsfächer
Günstige Rahmenbedingungen für den Erwerb von Gesprächskompetenz lassen
sich dann schaffen, wenn Gespräche sich vom gewöhnlichen Unterrichtsbetrieb
unterscheiden: Die Leistungsmessung bleibt außen vor, das Diktat der Trivialität des
Stoffes hört auf.
Ein Beispiel sind jene meta-unterrichtlichen Phasen, die über den „offenen
Unterricht“ in manche Grundschulen Eingang gefunden haben. Gesprächskreise zu
Beginn der Woche, bei denen die Kinder Interessantes berichten, jeden Morgen
stattfindende Kreisgespräche zur Vorbereitung des Unterrichts, der gemeinsame
Rückblick am Ende der Woche bilden herausgehobene Phasen, in denen das
selbständige Miteinander-Verhandeln geübt werden kann, vor allem dann, wenn die
Gesprächsleitung bei den Kindern liegt, wenn sie im Lauf der Zeit reihum geht, und
wenn die Kunst der Gesprächsleitung selbst zum Gegenstand des Nachdenkens
und des Gesprächs wird.
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Zehn Verhaltensformen, die für das Zustandekommen einer
"Gesprächsgemeinschaft" dienlich sind (Raster für Unterrichtsgespräche)
(Helmut Schreier)
1.
Fragen stellen, die zur Sache führen
Unstimmigkeiten, Widersprüchliches an einer Darstellung aufdecken und in
einer Frage "auf den Punkt" bringen.
2.
Vermutungen äußern, die eine Erklärung geben
Es geht um die Kunst, Hypothesen zu bilden, die einen Zusammenhang
beschreiben, der durch die einzelnen verfügbaren Daten und Beobachtungen
nur bruchstückhaft in den Blick gerät.
3.
Eine Meinung nicht ohne überzeugende Begründung vortragen
Das Minimum an argumentativem Verhalten besteht darin, für jede
vorgetragene Meinung eine Begründung zu geben, die nachvollziehbar und
sachangemessen ist.
4.
Beispiele und Gegenbeispiele liefern
Mit Hilfe eines geschilderten Falles einen Beleg für das vertretene Prinzip oder
Konzept geben, oder für ein entgegengesetztes Prinzip oder Konzept.
5.
Angemessene Analogien bilden
Es geht um die Kunst, ähnliche Muster und Situationen zu finden, die geeignet
sind, die verhandelte Frage zu beleuchten oder einen neuen Aspekt ins Spiel zu
bringen.
6.
Ideen aufgreifen, die von anderen vorgetragen worden sind
Gedankenstränge kooperativ stärken und weiterspinnen, die von anderen
vorher ins Spiel gebracht wurden.
7.
Die "andere Seite" anhören
Statt sich zu verschließen, wenn die eine Seite eines Arguments plausibel
vorgetragen worden ist, sich trotzdem für den Vortrag anderer Perspektiven
offenhalten.
8.
Vernünftige Kritik annehmen
Die eigene Position nicht um jeden Preis verteidigen, sondern sich
entgegengesetzte Auffassungen anhören, Argumente dafür und dagegen
abwägen.
9.
Andere Teilnehmende als Personen respektieren und ihnen das Recht auf
Achtung erhalten
Negative Kritik auf das vorgetragene Argument beschränken, aber die Person,
die es vorgetragen hat, als Mensch wertschätzen, unabhängig von den
negativen Gefühlen, die das Argument vielleicht ausgelöst hat.
10.
Urteile fällen, die Ansprüchen von Verstand und Vernunft gerecht zu werden
versuchen
Bewertung und Beschreibung, Kritik und Einsicht in eine Art "Zwischenbilanz"
einbeziehen.
Zur Einübung der Technik des Zuhörens und der Entwicklung des Verständnisses
seiner Bedeutung für das Zustandekommen einer Gesprächsgemeinschaft eignet
sich besonders Berrie Heesens Denkgeschichte „Reden und zuhören“ (Berrie
Heesen, Klein aber clever. Nachdenken und Philosophieren mit Kindern. Verlag an
der Ruhr. Mühlheim 1998)
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„Fünf Finger einer Methodenhand“ des Philosophierens
/E. Martens
Wahrnehmen (Phänomenologische Kompetenz)
•
von Alltagserfahrungen ausgehend ein Problemvorverständnis durch
Schilderung von Beobachtungen und Wahrnehmungen auf die konkrete
Lebenswelt beziehen
o
differenziert und verständlich beschreiben, was sie oder andere beobachten,
erfahren, wahrnehmen oder bei sich denken
o
verschiedene Sichtweisen erkennen, Handlungsspielräume und den
symbolischen Gehalt erlebter Situationen wahrnehmen
Kreatives und fantasievolles Denken über die reine Erfahrung hinaus
(Spekulative Kompetenz)
•
Gedanken und Assoziationen in Bildern, Geschichten und Spielen entwickeln
und so die vielfältigen Möglichkeiten des diskursiven und präsentativen Denkens
erfahren
o
ungeschützte Einfälle und Fantasien äußern und spielerisch erproben sowie
neue Ideen oder Hypothesen entwickeln
o
kreative/fantasievolle Verhaltensalternativen finden und ausführen
Deuten (Hermeneutische Kompetenz)
•
sich das eigene und fremde Vorverständnis bei der Lösung von Problemen
bewusst machen, alternative Deutungen in Überlegungen einbeziehen, vor
diesem Hintergrund eigene Problemfragen stellen und so ein
Problemvorverständnis zur Geltung bringen
o
bei der Interpretation von problemorientierten Texten eigene, alltägliche
Ansichten und Deutungen heranziehen
o
den eigenen Standpunkt überprüfen, Ursachen und Folgen des eigenen
Handelns erkennen und begründen
Untersuchen und Zergliedern von Sachverhalten
(Analytische Kompetenz)
•
Lösungen zu einer ausgewählten Frage finden und Antworten sammeln
o
bei Beschreibungen und Deutungen verwendete, zentrale Begriffe und
Argumente hervorheben und prüfen
o
Begriffe bestimmen, Analogien und Parallelen bilden und Symbole für einen
Begriff finden
Denken in Gegensatzbegriffen (Dialektische Kompetenz)
•
zwischen Lösungen wählen und bevorzugte Lösungen formulieren und
begründen
o
unterschiedliche Positionen in Form von Alternativen und Dilemmata
zuspitzen und miteinander eine Entscheidung abwägen
o
Hypothesen überprüfen, Tauglichkeitsprüfungen von Alternativen
vornehmen und mit Vereinbarungen umgehen
2. Sokratisches Gespräch
Eine besondere Form der Gesprächsführung ist das „Sokratische Gespräch“.
Beispiel: Sokratisches Gespräch zur Klärung des Begriffs „Kunst“
(nach Methode Detlef Horster, eignet sich für Kinder am ehesten)
Ziel dieses Gesprächs ist es, die Meinungen der TeilnehmerInnen über alles, was
Kunst ist, zu überprüfen, zu präzisieren und vielleicht zu verwerfen.
Diese Meinungen sind partikulare Meinungen, bezogen auf Sachverhalte,
gesellschaftliche Normen oder ästhetische Äußerungen.
Diese Meinungen können nicht universell sein, weil jeder aufgrund seiner eigenen,
unverwechselbaren Sozialisations- und Lebensgeschichte eine andere Weltsicht hat,
die nur darum verhandelbar ist, weil sie eingegrenzt wird durch den kulturellen
Rahmen, der uns allen gleichermaßen gegeben ist.
Demgegenüber wird Wahrheit ihrer Natur nach als universell angesehen.
Ausgehend von den partikularen Auffassungen wird etwas gesucht, worin alle
übereinstimmen können. Diese Suche findet auf dem Wege der Abstraktion statt.
Wahrheit im Sokratischen Gespräch heißt, dass es die Wahrheit für diejenigen ist,
die in der Runde sitzen. Und das auch nur für die Zeit, in der das Gespräch geführt
wird.
Der erste Schritt im Abstraktionsprozess ist das Sammeln von Eigenschaften:
“Welche Eigenschaften für ein Kunstprodukt könnt ihr in diesem Beispiel
(gewöhnlicher Tisch in einer Schulklasse, etc.) erkennen?“
Der zweite Schritt auf dem Abstraktionsweg ist das Zusammenfassen der bisher
gesammelten Eigenschaften und wenn nötig, das Sondern der Eigenschaften von
den Voraussetzungen und Folgen.
Es lassen sich etwa in diesem Schritt die Attribute für ein Kunstprodukt von den
Attributen für ein Nicht-Kunstprodukt sondern.
Der dritte Schritt ist die Frage nach weiteren Beispielen: „Seht euch die
gesammelten Eigenschaften genau an und fragt auf dem Hintergrund eigener
Beispiele, die euch jetzt einfallen, ob noch Eigenschaften fehlen.“
Dadurch soll das genaue Hinsehen geübt werden, das oberflächliche
Betrachtungsweisen vermeiden hilft.
Der vierte Schritt ist das Trennen von notwendigen und hinreichenden
Eigenschaften.
Notwendige Eigenschaften bei der Wesensbestimmung sind solche, die, würde man
sie der Sache wegnehmen, dazu führen, dass es sich nicht mehr um diese Sache
handelt, sondern um eine andere.
Abstraktion heißt nun, dass wir die zufälligen Eigenschaften herausnehmen: „Denkt
bitte jetzt nach, welche dieser Eigenschaften an jedem nur denkbaren Kunstprodukt
erkennbar ist!“ Dann werden die Eigenschaften einzeln abgefragt: „Ist diese
Eigenschaft an jedem nur denkbaren Kunstprodukt erkennbar?“ Auch hier ist der
Ort für Argumentation.
Der fünfte und letzte Schritt ist die Erarbeitung von wesentlichen Kriterien:
„Wodurch kann ich einen Kunstgegenstand von jedem anderen beliebigen
Gegenstand unterscheiden?“
Werden diese Kriterien genannt (Beispiel: -Bedeutung, die über das Geschaffene,
Form und Funktion, hinausweist – zu Kunst erklären), ist es möglich, ein
Kunstprodukt von allen möglichen anderen Produkten zu unterscheiden. Mit diesen
Kriterien hätten wir eine Begriffsbestimmung eines „Kunstproduktes“
vorgenommen, die das Wesentliche enthält.
Dieses Beispiel eines Sokratischen Gesprächs ist auf Erwachsene zugeschnitten,
lässt sich aber ohne Schwierigkeiten auf die Bedingungen eines 3. oder 4.
Schuljahres transformieren.
Das Sokratische Gespräch eignet sich in besonderer Weise für
Begriffsbestimmungen bzw. –klärungen.
3. Gedankenexperimente
•
Bedeutung des Gedankenexperiments für
Erkenntnis- und Wissenserwerb
PhilosophInnen gelten als SpezialistInnen für Gedankenexperimente und
„mögliche“ Welten. Da die äußere Welt arm an möglichen, physischen Abenteuern
für Kinder ist und diese sich zunehmend in künstliche Medienwelten flüchten,
gewinnt diese Methode, Fäden von der wirklichen Welt in mögliche Welten zu
spinnen, einen besonderen Reiz.
Die Rückkehr aus der Abenteuerreise in die Wirklichkeit, ausgestattet mit den
Flügeln der Fantasie und dem Kompass des urteilenden Verstandes bewirkt nicht
selten die wertvolle Erkenntnis im Sinne Lichtenbergs: „Es könnte alles ganz anders
und besser eingerichtet sein.“
Die Bedeutung von Fantasie, Vorstellungskraft, Einbildungskraft oder Imagination
für das Gedankenexperiment veranschaulicht Eisler in seinem „Wörterbuch der
Philosophie“, indem er Fantasie als „Betätigung des Geistes im Sinne der relativ
selbständigen, vom Gegebenen mehr oder weniger abweichenden anschaulichen
Synthese, Kombination von Vorstellungselementen zu neuen Gebilden und
Zusammenhängen“ umschreibt. „Die Phantasie hat ihre eigene ‚Logik’, ihre eigenen
einheitlich anschaulichen Zusammenhänge und ist zuhöchst eine Richtung
derselben Geisteskraft, die im Denken zum Ausdruck kommt.“
John Dewey: „Die eigentliche Funktion der Imagination ist das Erkennen der Realität
und von Möglichkeiten, die nicht unter den normalen Bedingungen der sinnlichen
Wahrnehmung zutage treten können. Ihr Ziel ist, das Vergangene, Abwesende,
Dunkle zu erhellen.
Die bildhafte Schau und der verknüpfende Gedanke bilden nach Aby Warburg
neues Wissen, menschliche Erkenntnis entsteht nach Hume und Kant aus dem
Zusammenspiel von Sinneseindrücken oder Sinnlichkeit, Einbildungskraft und
Verstand. Einbildungskraft ist eine Grundvoraussetzung für die Bewältigung von
Gedankenexperimenten.
Der Fähigkeit, durch das Tatsächliche hindurch das Mögliche zu erkennen, verdankt
der Mensch sich selbst und seinem bisherigen, evolutionären Erfolg. Ohne sie wäre
sein Handeln niemals über das Niveau der Reflexe und Instinkte hinausgelangt.
In der Entwicklung des Möglichkeitssinns sollten wir deshalb eines der vornehmsten
Ziele von Bildung erblicken, denn er schärft nicht nur die sinnliche Wahrnehmung,
sondern ist auch eine exzellente Schulung des analytischen Denkens.
Nach Christian Wolff besteht das Geschäft der Philosophie darin, das Denkbare zu
denken, das Mögliche in seiner Möglichkeit zu bestimmen, die „Bedingungen der
Möglichkeit“ von etwas zu rekonstruieren, mit anderen Worten, das, woran wir
glauben wollen, als möglich einzusetzen.
•
Wesen des Gedankenexperiments
Das Experiment ist ein kreatives Spiel mit dem Gegebenen. Im
aturwissenschaftlichen Experiment spielen wir mit der Natur; wir wirken bewusst
auf die objektive Wirklichkeit ein und verändern diese; dabei stellen wir der Natur
eine kontrafaktische Frage (was würde geschehen, wenn...), mit der wir einen
möglichen Sachverhalt unterstellen, worauf ja der Begriff Hypothese hindeutet. Am
Anfang und Ende eines Experiments steht die Überlegung, das Denken.
Einbildungskraft schafft nicht ziel-, plan- und zusammenhanglos, sondern
schöpferisch und spielerisch-experimentell, indem sie eine mögliche anschauliche
und gedankliche Struktur entwirft, die der Verstand dann auf Widerspruchsfreiheit,
innere Stimmigkeit, Sinn und Plausibilität überprüft.
Gedankenexperimente sind Ausflüge der Fantasie und des Verstandes in mögliche
Welten. Hans Poser unterscheidet fünf Typen von Gedankenexperimenten:
•
das realisierbare und realisierte,
•
das realisierbare, aber nicht realisierte,
•
das nicht realisierbare,
•
das absurde und
•
das fiktive.
•
Nutzen von Gedankenexperimenten für einen philosophisch
orientierten Unterricht und Gespräche mit Vorschulkindern
Philosophieren heißt mit Gedanken spielen, Gedanken analysieren, sie nach Regeln
variieren, sie mit anderen Gedanken verflechten, die Verknüpfungen von Gedanken
auf ihre Reiß- und Zugfestigkeit zu testen und die Standfestigkeit von
Gedankengebäuden zu überprüfen und ähnliche Operationen auszuführen.
Daniel Dennett: „Es ist in der Tat eine der höchsten Berufungen der Philosophie,
Mittel und Wege zu finden, um den Menschen zu helfen, den Wald und nicht nur die
Bäume zu sehen.“
Mit Hilfe von Gedankenexperimenten lassen sich neue Fragen stellen,
Beweisführungen entwickeln, implizite Annahmen aufdecken, Folgen von Setzungen
durchspielen, Zusammenhänge aufklären, allgemeine Prinzipien demonstrieren,
Denkmöglichkeiten erforschen, u. ä. .
Wer Gedankenexperimente ausführt, erkundet ausgehend von den Erfahrungen
des Wirklichen das Mögliche, um dem Notwendigen bzw. Nicht-Notwendigen, dem
Kontingenten oder Zufälligen auf die Spur zu kommen.
Gedankenexperimente als „Intuitionspumpen“ haben neben ihrer Erkenntnis- auch
eine bedeutsame pädagogisch-didaktische Funktion. Ihre Anschaulichkeit und
Konkretheit, ihr nicht selten phantastischer und bizarrer Charakter und ihr
emotionaler Gehalt „versüßen“ das in ihnen verschlüsselte philosophische Problem
und locken den philosophischen Neuling zu Ausflügen in mögliche, gedankliche
Welten, die seine ganze Denk- und Vorstellungskraft herausfordern.
Da man mit Kant und Wittgenstein zufolge nicht Philosophie, wohl aber
philosophieren lernen kann, kommt alles auf das Erlernen des philosophischen
Tuns, das im Experimentieren mit Gedanken (und mit Sprache) besteht, an.
Gianni Rodari zitiert Novalis’ Wort „Hypothesen sind Netze, nur der wird fangen, der
auswirft“: „Die Wirklichkeit kann man durch den Haupteingang betreten, aber auch
durch ein Fensterchen in sie hineinschlüpfen, was viel vergnüglicher ist.“
•
Beispiele für ein Gedankenexperimente:
„Wenn alle Dinge zu Rauch würden“...
Begrenztheit der sinnlichen Wahrnehmung im Hinblick auf die Möglichkeit von
Erkenntnis, Wissen und Wahrheit.
„Wenn alle Menschen in Dörfern lebten ...
Abhängigkeit menschlichen Denkens, menschlicher Lebenswirklichkeit von seiner
Lebensumwelt.
Ernst Mach, „Erfinder“ des Begriffs „Gedankenexperiment“: „Der Projektemacher,
der Erbauer von Luftschlössern, der Romanschreiber, der Dichter sozialer und
technischer Utopien experimentiert in Gedanken. Aber auch der Kaufmann, der
ernste Erfinder oder der Forscher tut dasselbe. Alle stellen sich Umstände vor und
knüpfen an diese Vorstellung die Erwartung, Vermutung gewisser Folgen; sie
machen eine Gedankenerfahrung. Während aber die ersteren in der Phantasie
Umstände kombinieren, die in Wirklichkeit nicht zusammentreffen, oder diese
Umstände von Folgen begleitet denken, welche nicht an dieselben gebunden sind,
werden letztere, deren Vorstellungen gute Abbilder der Tatsachen sind, in ihrem
Denken der Wirklichkeit sehr nahe bleiben. Auf der mehr oder weniger genauen
unwillkürlichen Abbildung der Tatsachen in unseren Vorstellungen beruht ja die
Möglichkeit der Gedankenexperimente.
Beispiel für unser Thema: Kinderbuch „Paul allein auf der Welt“,
4. Szenische Interpretation (Ingo Scheller)
Eine verhältnismäßig neue Methode, Texte gedanklich zu erschließen, ist das
„Szenische Interpretieren“, das im Unterschied zum diskursiven vornehmlich das
präsentative Denken verlangt.
Unter Berücksichtigung der Besonderheiten von Texten aus dem Leserepertoire der
Grundschule, der verschiedenen Jahrgangsstufen und der zeitlichen Möglichkeiten
innerhalb eines philosophisch orientierten Unterrichts(in Einzelfällen auch in der
Kita möglich und erprobt) schlage ich die folgenden Methoden des szenischen
Interpretierens vor:
•
Standbild als Unterbrechen von Handlungsabläufen
Diese Standbilder entstehen durch Unterbrechen von Handlungsverläufen an
bestimmten Stellen durch „Stopp-Rufe“. Die Spielenden erstarren in ihren
Haltungen. Das Ganze gleicht einem Schnappschuss.
Mögliche Deutungen: Erkundung von Gedanken und Gefühlen, indem die Spieler
aus ihren Rollen heraus sagen, was sie gerade denken.
Die Projektionen der Beobachter werden sichtbar gemacht, indem diese
nacheinander hinter die Personen treten, ihnen die Hand auf die Schulter legen und
in Ichform sagen, was diese ihrer Meinung nach gerade denken.
•
Standbild als Einnehmen und Zeigen von Haltungen
Die Teilnehmer erstarren in Haltungen, die zeigen, wie sie zu bestimmten
Situationen, Personen und Ereignissen stehen. Die Spieler entscheiden selbst über
ihre Haltung und suchen nacheinander ihre Position auf. Sie verlassen das
Standbild in umgekehrter Reihenfolge.
Mögliche Deutungen: Gedanken und Gefühle öffentlich machen, indem die Spieler
aus ihrer Rolle heraus sagen, was sie gerade denken und empfinden.
Projektionen der Beobachter verdeutlichen(siehe oben)und Spieler veranlassen,
jene Zuschreibungen zu benennen, die ihren Vorstellungen am nächsten kommen.
Fragen der Beobachtenden an einzelne Personen im Standbild. Die Antworten
erfolgen aus der jeweiligen Haltung heraus.
•
Situationsbezogene Standbilder
Situationen werden auf einen bestimmten Moment zugespitzt als Bilder aufgebaut
und gestaltet. Die Hauptspielerin sucht aus der Gruppe die Darstellerinnen aus und
formt deren Haltungen. Dabei wird nicht gesprochen. Haltungen werden modelliert,
die Mimik hingegen vorgemacht und anschließend „eingefroren“.
Mögliche Deutungen: Zunächst erläutert die Hauptspielerin ihr Standbild in Bezug
zu dargestelltem Text und /oder Bild. Um welche Situation geht es? Was geschieht?
Wo und wann genau findet die Szene statt? Wer sind die Personen und was machen
sie gerade?
Die Hauptspielerin tritt nacheinander hinter die dargestellten Personen, legt ihnen
die Hand auf die Schulter und spricht ihre Gedanken aus. Abweichende Deutungen
von Beobachtern und Spielerinnen werden ausgesprochen.
•
Statuen bauen
Statuen sind Skulpturen bzw. Denkmäler. Sie zeigen den Grundgestus, den Titel von
Szenen, Haltungen, Beziehungen. Sie abstrahieren, verallgemeinern und bringen
bildlich auf den Begriff.
•
Szenisches Lesen
Der Text wird gelesen, indem reihum jeweils ein Satz vorgetragen wird. Dabei sollen
unterschiedliche Intonationen erprobt werden. Dadurch können unterschiedliche
Haltungen und Bedeutungen sichtbar gemacht werden. Daraus entstehen
Rollenvorstellungen, die die Beziehungen zwischen Personen bzw. Positionen
definieren.
•
Szenisches Spiel
Spieler handeln aus detaillierten Rollen- und Szenenvorstellungen heraus in
vorgestellten Situationen. Es geht nicht nur um die szenische Erkundung und
Darstellung, sondern auch immer um das, was die Spieler in der Rolle und der
Szene von sich zeigen und erfahren.
Alle Aussagen zitiert nach Ingo Scheller, Szenisches Spiel, Berlin 1998
Szenisches Interpretieren am Beispiel des Kinderbuchs
„Was ist das? fragt der Frosch“, Max Velthuijs, Verlag Sauerländer
1.
Es handelt sich stets um die Inszenierung von Situationen, in denen Kinder ihre
Vorstellungen zu einem Thema symbolisieren.
2.
Verhaltensmuster werden von Kindern angeeignet und erprobt.
3.
Bei Vorschulspielen (Rollenspielen) handelt es sich jeweils um erlebte, nicht
symbolisierte Realität, da diese nicht reflektiert wurde.
4.
Szenisches Spiel ist symbolisierte Handlung, aus der das Kind immer wieder
aussteigen kann.
5.
Im Spiel wird aus der Rolle eine Figur, im Handeln werden über das
Leibgedächtnis frühere Erfahrungen aktiviert.
6.
Szenisches Interpretieren könnte die dem Philosophieren adäquate Form der
präsentativen Deutung sein (im Unterschied zur diskursiven).
Das Beispiel zum o.g. Kinderbuch:
•
Die Kinder denken über Tiernamen nach, suchen sich ein Tier aus,
interviewen sich gegenseitig.
•
Körperhaltung, Gestik, etc. des ausgesuchten Tieres werden geübt.
•
Jedes Kind interpretiert sein „Schwein“ selbst (soziale Komplexität einer
Lerngruppe wird sichtbar). Es stellt sein „Schwein“ vor.
•
Es werden Bilder des Buches eingefügt, z. B. „Wie geht der Hase?“
•
Es wird ein entsprechender Raum mit wenigen Hilfsmitteln als Spielfläche
umgebaut, die Kinder beschreiben den Raum, z. B. anhand der Frage „Wo ist
die Landschaft (aus dem Buch)?“
•
Tiergruppen sitzen in vier Ecken, während das Buch vorgelesen wird. Die
Geschichte wird an bestimmten Stellen unterbrochen und die Frage gestellt:
„Was denkt das Tier gerade?“ Die Antworten der Kinder sollen sich in der
Regel auf einen Satz beschränken. Beispiel: Der Frosch steht auf der Leiter.
Was denkt er? Auf diese Weise wird ein „innerer Dialog“ ausgelöst. Es wird
das eingebracht, was das Leben außerhalb des Bilderbuchs darstellt.
•
Beispiel einer weiteren Unterbrechung: Entdeckung der toten Amsel. Eine
situationsbezogene Rollenbefragung ist an dieser Stelle angebracht. Der
Frosch steht vorn (oder sitzt auf einem Stuhl), die Kinder treten mit
situationsbezogenen Gedanken, die für den Frosch in „Ich“-Form
ausgesprochen werden, hinter den Frosch. Die Äußerungen werden von der
Lehrkraft zu einem Stimmenorchester komponiert und dirigiert. Die Kinder
werden von der Froschfigur je nach Bedeutung ihrer Antworten für den
Frosch nach vorn, in die Mitte oder nach hinten gestellt. Wir lernen, was
Kinder tatsächlich in der Rolle denken und geben ihnen dabei „Rollenschutz“.
•
Während des Stimmenorchesters reflektiert die Figur unwillkürlich über die
Frage: “Was passiert in mir?“ Wir können auf diese Weise etwas auf einen
Begriff bringen, ohne einen Begriff zu machen.
•
Die Beerdigungsrituale werden gespielt, das Nachstellen kann zum Beispiel
in Geschlechtergruppen erfolgen. Es wird eine bestimmte Haltung fixiert,
wodurch das Aufkommen der Gefühle, zum Beispiel Trauer, ermöglicht wird
(Standbild).
•
Die Schlussszene sollte gespielt oder als Standbild dargestellt werden.
•
Texttheater
Eine Alternative zum Vorlesen und eine Übung zum Erwerb von
Deutungskompetenz: Das TEXTTHEATHER!
Welche Spielregeln gelten für das Texttheater?
Die wichtigste Spielregel lautet, dass der Wortlaut der Zitate nicht verändert werden
darf, wohl jedoch durch Art und Weise des Vortrages variiert und dadurch in seiner
Aussage bekräftigt, verfremdet oder karikiert werden soll:
•
Die Zitate können monoton oder gehetzt, im Sing-Sang, mehrfach
wiederholend, unterschiedlich betonend vorgetragen werden
•
Sie können im Befehlston, in Frageform, ironisch, sarkastisch oder naiv
vorgetragen werden
•
Die gewünschte Deutung des Zitats kann durch Körpersprache, Pantomime,
durch Sprechpausen, rhythmisches Klopfen, usw. verdeutlicht werden
•
Variierendes Wiederholen
•
Polarisieren durch Gegenüberstellung einander widersprechender Zitate.
Es finden Deutungen auf zwei Ebenen statt: Durch den Dirigenten und individuell
durch jede Mitwirkende.
Eva Zoller Morf, die Schweizer Kinderphilosophin, sieht den Beginn einer
philosophischen Denkbewegung stets im „Hinterfragen einer gegebenen Situation“.
Genau dazu bietet das Texttheater vielfältige Möglichkeiten.
Mit anderen Worten: Wir erleben mehr als das, was sich durch mechanisches
Dekodieren eines Textes erreichen lässt!!
Zudem verhilft es Kindern, auch wenn sie nur wenige Vorkenntnisse mitbringen, zu
einem zugleich spielerischen und aktiv –fragenden Umgang mit Texten.
•
Szenische Interpretation von Bildern
Bilder bringen in erstarrter Form und in einer bestimmten Perspektive Momente
einer Geschichte zur Erscheinung. Als Ausschnitte, Reduktionen und
Interpretationen geben sie visuelle Einblicke in Lebensräume, natürliche und soziale
Zusammenhänge, in Gegenstände, Haltungen und Handlungen von Menschen
unterschiedlicher Epochen, Kulturen und Schichten. Bilder werden gemacht: Die
Wahl des Motivs, die Inszenierung des Ausschnitts, die Festlegung der Perspektive,
die Darstellungsweise und das Material ermöglichen eine Vielzahl von
Realitätstäuschungen und Inszenierungen ökonomisch und ideologisch
verwertbarer Vor-Bilder der Selbstdarstellung, Identitätsbildung und
Wunschbefriedigung. Bei der szenischen Interpretation werden Bilder als
Momentaufnahmen von Szenen aufgefasst, die sich die Teilnehmer vorstellen, in
die sie sich einfühlen, in denen sie handeln, die sie perspektivisch erleben,
verfremden und historisieren. Dabei kann ihnen nicht nur bewusst werden, dass
Bilder perspektivische und interessengeleitete Entwürfe und Konstruktionen
sozialer Wirklichkeit sind, sie können auch erfahren, welche Wünsche, Bedürfnisse
und Lebensentwürfe durch Bilder bei ihnen angestoßen und in bestimmter Weise
interpretiert werden.
Sucht euch das Bild aus, das euch am meisten anspricht. Baut es als Standbild auf
und sucht den Ort im Bild oder außerhalb des Bildes, der euch am meisten
interessiert. Erläutert im Gespräch mit dem Spielleiter eure Sichtweise.
Schaut euch die Bilder genau an. Achtet dabei vor allem auf die Kleidung, die
Körperhaltungen und die Interaktionen der abgebildeten Personen. Stellt euch vor,
ihr seid genauso gekleidet. Erprobt entsprechende Geh-, Steh- und Sitzhaltungen
sowie Interaktionsweisen.
Sucht euch ein Bild aus, das ihr genauer interpretieren wollt - zusammen mit
Partnerinnen. Schaut euch das Bild genau an und klärt die abgebildete Situation so
genau wie möglich. Baut mit Hilfs-Objekten den Raum auf, beschreibt ihn de-
tailliert und sucht den Ort und die Haltung, die ihr im Raum einnehmen würdet.
Begründet eure Position. Verteilt die Rollen der Personen, die auf dem Bild sicht-
bar sind. Eine übernimmt die Rolle der Malerin bzw. Fotografin.
Schaut euch die Person, in die ihr euch einfühlen wollt, noch einmal genau an, ahmt
die Körperhaltung, Gestik und Mimik nach und sucht nach Bewegungsformen.
Schreibt eine kurze Rollenbiographie für die Person. Entwickelt Körper- und
Sprechhaltungen und stellt die Person bei einer Alltagsbeschäftigung vor.
Schreibt auf, was die Person, die ihr übernommen habt, in der Situation mit
welchen Intentionen und Gefühlen tut und was sie vorher getan hat. Stellt in der
Gruppe das Bild nach. Jede nimmt die auf dem Bild sichtbare Haltung ein und
erstarrt darin. Eine beginnt aus der Rolle heraus zu monologisieren: Sprich alles
aus, was der Person gerade durch den Kopf geht. Wenn dir nichts mehr einfä1lt,
beginnt die Nächste mit dem Monolog.
Wenn ihr alle aus der Rolle heraus die Gedanken ausgesprochen habt, geht zum
Spiel über. Die Spielerin der Bildproduzentin unterbricht immer wieder durch
Stopp-Rufe, fragt nach den Gedanken und Gefühlen der Personen und teilt ihre
eigenen mit. Brecht das Spiel ab und sagt aus den Rollen heraus, was ihr gerade
erlebt habt.
Zeigt eure Szenen im Plenum: Zunächst baut die Produzentin das Bild auf und
interpretiert es. Dann korrigieren die Spieler das Bild nach ihrer Vorstellung. Sagt
dann kurz aus der Rolle heraus, was die Personen gerade denken, und geht zum
Spiel über. Wenn der Spielleiter das Spiel unterbricht, sagt aus der Rolle heraus, was
ihr gerade denkt. Zeigt als Beobachter in einer Statue bzw. mit einer
Stimmenskulptur, wie ihr die Haltungen und Beziehungen der Personen gesehen
habt. Zeige als Produzentin in einer Statue, was du mit deinem Bild deutlich
machen wolltest.
Material mit Kommentaren: Mann/Schröter/Wangerin 1995; Scheller 1987b, 1995c,
1996a.
Methoden
Methodenkatalog
1. Gespräch
Gesellschaftlicher Kontext der
Gesprächsproblematik
Der amerikanische Philosoph Charles Sanders Peirce
formulierte Ende des 19. Jhdts. ein Programm der
Gemeinschaft von Forschenden, das Leitbild-Funktion für
pädagogische Vorstellungen enthält: Ein gleichsam
unendlicher Gesprächskreis, in den alle aufgenommen
werden, die zur Sache etwas zu sagen haben (…).
Ein solcher Gesprächskreis könnte mit einer kleinen
Gruppe von Kindern in der Kita beginnen, eine gleichsam
embryonische Erscheinung, der die Möglichkeit der
endlosen Ausweitung innewohnt, das Modell für die
prinzipiell unendliche Gemeinschaft des Gesprächs. Und es
ließe sich zeigen, dass Kinder unter dem Vorzeichen der
„veränderten Kindheit“ gerade die wechselseitige
Vergewisserung der Wirklichkeit entbehren, die das
Gespräch bietet.
Was vermag mehr Substanz und Ordnung in ihre
Vorstellungs-Welt zu bringen, die von einer Schwemme
exotischer, unverarbeiteter Bilder aufgeweicht ist, wenn
nicht das Gespräch?
Daniel Goldhagen: “Die grundlegende Art und Weise, in der
eine Kultur die Ordnung ihrer Welt begreift und
repräsentiert, wird als ‚Gespräch’ bezeichnet.“ D. G., Hitlers
willige Vollstrecker, Berlin 1996)
Wilhelm von Humboldt sieht in der Sprache (ich übertrage:
„im Gespräch“) Organon (Werk) und Ergon (Werkzeug)
zugleich. Auf dem Hintergrund dieser Feststellung verfolgt
das Gespräch als Werk in seiner ästhetischen Gestalt
unmittelbar Ziele des Ethik-Unterrichts und des
Philosophierens mit Kindern.
Entlang dieser Argumentationslinie könnte wohl die
besondere Hinwendung der Pädagog*innen zu Dialog und
Diskurs einschließlich einer kultivierten Gesprächsdidaktik
nicht nur im Ethik-Unterricht begründet werden.
Beide Elemente – das Gespräch als zentrales Medium der
Geistesgeschichte (Humboldt) und das Gesprächsdefizit in
der modernen „veränderten Kindheit“ (laut aktueller
BMFSFJ-Studie pro Tag 47 Minuten Gesprächszeit mit
Kindern in der Familie!) ergänzen sich. „Kinder brauchen
Gespräche“ könnte in Anlehnung an Bettelheim („Kinder
brauchen Märchen“) das Motto lauten, zumal in einer Zeit,
in der das Gespräch innerhalb der Gesellschaft nur
mangelhaft gepflegt wird. Die Schule und damit der
philosophisch orientierte Unterricht, aber auch die
Kindertagesstätte würden eine Art „Insel“ inmitten des
Stroms der Gesprächslosigkeit darstellen, ähnlich wie sie
der Vorstellung Neil Postmans zufolge den
althergebrachten, „harten“ Lehrplan der Bücher, der
Anstrengung des Begriffs und der Mühsal des Übens
aufrecht erhält inmitten der Wellen des „weichen
Lehrplans“ des Fernsehens und des Internets, der das
Bewusstsein der Heranwachsenden einer sanften
Gehirnwäsche unterzieht.
In diesem Zusammenhang würde durch sokratische,
philosophierende Gespräche die Zerstörung der Erfahrung
erst thematisierbar. Den Unterricht ent-trivialisieren heißt
deshalb, die Kinder lehren, legitime Fragen zu stellen, deren
Antworten nicht schon vorher bekannt sind!
Ebenen, Ziele und Methoden des Gesprächs
Die Aussagen von Michael Fröhlich, von David Kennedy
(Northern Michigan University) und Hilbert Meyer werden
in einen Zusammenhang der Gesprächsentwicklung auf
drei Ebenen gebracht und mit den jeweiligen Möglichkeiten
von Gesprächsformen verbunden.
Fröhlich spricht in Anlehnung an Klafki vom didaktischen
Dreischritt „Entwicklung, Erprobung, Prüfung“ des
Philosophierens, Kennedy von den drei Dimensionen des
philosophischen Gesprächs, wobei die erste Dimension
wesentlich konzeptuell, also inhaltlich definiert ist, die
zweite sich auf nützliche Fertigkeiten und Dispositionen auf
philosophischer Ebene bezieht und die dritte schließlich für
das Zusammenwirken der Individuen, die Interaktion der
Individuen in einer „community of
inquiry“(Forschungsgemeinschaft) Bedeutung hat, woraus
sich auch die ästhetische Gestalt eines philosophischen
Gesprächs ergibt. Hilbert Meyer führt das
unterrichtsmethodische Modell des „dreischrittigen
Lehrgesprächs“ ein, das im Kern ein fragend-entwickelndes
Unterrichtsgespräch darstellt und hier deswegen
Erwähnung findet, weil viele Lehrkräfte, die über keine oder
wenig Erfahrung mit der philosophischen Gesprächsform
verfügen, häufig ein vertrautes Gerüst benötigen, um sich
zurechtzufinden.
Struktur eines philosophischen Gesprächs
(nach D. Kennedy)
Gesprächskompetenzerwerb als
Lernziel
ür alle Unterrichtsfächer
Günstige Rahmenbedingungen für den Erwerb von
Gesprächskompetenz lassen sich dann schaffen, wenn
Gespräche sich vom gewöhnlichen Unterrichtsbetrieb
unterscheiden: Die Leistungsmessung bleibt außen vor, das
Diktat der Trivialität des Stoffes hört auf.
Ein Beispiel sind jene meta-unterrichtlichen Phasen, die
über den „offenen Unterricht“ in manche Grundschulen
Eingang gefunden haben. Gesprächskreise zu Beginn der
Woche, bei denen die Kinder Interessantes berichten, jeden
Morgen stattfindende Kreisgespräche zur Vorbereitung des
Unterrichts, der gemeinsame Rückblick am Ende der
Woche bilden herausgehobene Phasen, in denen das
selbständige Miteinander-Verhandeln geübt werden kann,
vor allem dann, wenn die Gesprächsleitung bei den Kindern
liegt, wenn sie im Lauf der Zeit reihum geht, und wenn die
Kunst der Gesprächsleitung selbst zum Gegenstand des
Nachdenkens und des Gesprächs wird.
Zehn Verhaltensformen,
die für das Zustandekommen einer
"Gesprächsgemeinschaft" dienlich sind
(Raster für Unterrichtsgespräche)
1.
Fragen stellen, die zur Sache führen
Unstimmigkeiten, Widersprüchliches an einer
Darstellung aufdecken und in einer Frage "auf den
Punkt" bringen.
2.
Vermutungen äußern, die eine Erklärung geben
Es geht um die Kunst, Hypothesen zu bilden, die einen
Zusammenhang beschreiben, der durch die einzelnen
verfügbaren Daten und Beobachtungen nur
bruchstückhaft in den Blick gerät.
3.
Eine Meinung nicht ohne überzeugende Begründung
vortragen
Das Minimum an argumentativem Verhalten besteht
darin, für jede vorgetragene Meinung eine Begründung
zu geben, die nachvollziehbar und sachangemessen ist.
4.
Beispiele und Gegenbeispiele liefern
Mit Hilfe eines geschilderten Falles einen Beleg für das
vertretene Prinzip oder Konzept geben, oder für ein
entgegengesetztes Prinzip oder Konzept.
5.
Angemessene Analogien bilden
Es geht um die Kunst, ähnliche Muster und Situationen
zu finden, die geeignet sind, die verhandelte Frage zu
beleuchten oder einen neuen Aspekt ins Spiel zu
bringen.
6.
Ideen aufgreifen, die von anderen vorgetragen worden
sind
Gedankenstränge kooperativ stärken und
weiterspinnen, die von anderen vorher ins Spiel
gebracht wurden.
7.
Die "andere Seite" anhören
Statt sich zu verschließen, wenn die eine Seite eines
Arguments plausibel vorgetragen worden ist, sich
trotzdem für den Vortrag anderer Perspektiven
offenhalten.
8.
Vernünftige Kritik annehmen
Die eigene Position nicht um jeden Preis verteidigen,
sondern sich entgegengesetzte Auffassungen anhören,
Argumente dafür und dagegen abwägen.
9.
Andere Teilnehmende als Personen respektieren und
ihnen das Recht auf Achtung erhalten
Negative Kritik auf das vorgetragene Argument
beschränken, aber die Person, die es vorgetragen hat,
als Mensch wertschätzen, unabhängig von den
negativen Gefühlen, die das Argument vielleicht
ausgelöst hat.
10.
Urteile fällen, die Ansprüchen von Verstand und
Vernunft gerecht zu werden versuchen
Bewertung und Beschreibung, Kritik und Einsicht in
eine Art "Zwischenbilanz" einbeziehen.
(Helmut Schreier)
Zur Einübung der Technik des Zuhörens und der
Entwicklung des Verständnisses seiner Bedeutung für das
Zustandekommen einer Gesprächsgemeinschaft eignet
sich besonders Berrie Heesens Denkgeschichte „Reden und
zuhören“ (Berrie Heesen, Klein aber clever. Nachdenken
und Philosophieren mit Kindern. Verlag an der Ruhr.
Mühlheim 1998)
„Fünf Finger einer Methodenhand“
des Philosophierens/E. Martens
Wahrnehmen
(Phänomenologische Kompetenz)
•
von Alltagserfahrungen ausgehend ein
Problemvorverständnis durch Schilderung von
Beobachtungen und Wahrnehmungen auf die konkrete
Lebenswelt beziehen
o
differenziert und verständlich beschreiben, was sie
oder andere beobachten, erfahren, wahrnehmen
oder bei sich denken
o
verschiedene Sichtweisen erkennen,
Handlungsspielräume und den symbolischen
Gehalt erlebter Situationen wahrnehmen
Kreatives und fantasievolles Denken
über die reine Erfahrung hinaus
(Spekulative Kompetenz)
•
Gedanken und Assoziationen in Bildern, Geschichten
und Spielen entwickeln und so die vielfältigen
Möglichkeiten des diskursiven und präsentativen
Denkens erfahren
o
ungeschützte Einfälle und Fantasien äußern und
spielerisch erproben sowie neue Ideen oder
Hypothesen entwickeln
o
kreative/fantasievolle Verhaltensalternativen finden
und ausführen
Deuten (Hermeneutische Kompetenz)
•
sich das eigene und fremde Vorverständnis bei der
Lösung von Problemen bewusst machen, alternative
Deutungen in Überlegungen einbeziehen, vor diesem
Hintergrund eigene Problemfragen stellen und so ein
Problemvorverständnis zur Geltung bringen
o
bei der Interpretation von problemorientierten
Texten eigene, alltägliche Ansichten und Deutungen
heranziehen
o
den eigenen Standpunkt überprüfen, Ursachen und
Folgen des eigenen Handelns erkennen und
begründen
Untersuchen und Zergliedern von
Sachverhalten
(Analytische Kompetenz)
•
Lösungen zu einer ausgewählten Frage finden und
Antworten sammeln
o
bei Beschreibungen und Deutungen verwendete,
zentrale Begriffe und Argumente hervorheben und
prüfen
o
Begriffe bestimmen, Analogien und Parallelen
bilden und Symbole für einen Begriff finden
Denken in Gegensatzbegriffen
(Dialektische Kompetenz)
•
zwischen Lösungen wählen und bevorzugte Lösungen
formulieren und begründen
o
unterschiedliche Positionen in Form von
Alternativen und Dilemmata zuspitzen und
miteinander eine Entscheidung abwägen
o
Hypothesen überprüfen, Tauglichkeitsprüfungen
von Alternativen vornehmen und mit
Vereinbarungen umgehen
2. Sokratisches Gespräch
Eine besondere Form der Gesprächsführung ist das
„Sokratische Gespräch“.
Beispiel: Sokratisches Gespräch zur Klärung des Begriffs
„Kunst“ (nach Methode Detlef Horster, eignet sich für
Kinder am ehesten)
Ziel dieses Gesprächs ist es, die Meinungen der
TeilnehmerInnen über alles, was Kunst ist, zu überprüfen,
zu präzisieren und vielleicht zu verwerfen.
Diese Meinungen sind partikulare Meinungen, bezogen auf
Sachverhalte, gesellschaftliche Normen oder ästhetische
Äußerungen.
Diese Meinungen können nicht universell sein, weil jeder
aufgrund seiner eigenen, unverwechselbaren
Sozialisations- und Lebensgeschichte eine andere Weltsicht
hat, die nur darum verhandelbar ist, weil sie eingegrenzt
wird durch den kulturellen Rahmen, der uns allen
gleichermaßen gegeben ist.
Demgegenüber wird Wahrheit ihrer Natur nach als
universell angesehen. Ausgehend von den partikularen
Auffassungen wird etwas gesucht, worin alle
übereinstimmen können. Diese Suche findet auf dem Wege
der Abstraktion statt.
Wahrheit im Sokratischen Gespräch heißt, dass es die
Wahrheit für diejenigen ist, die in der Runde sitzen. Und
das auch nur für die Zeit, in der das Gespräch geführt wird.
Der erste Schritt im Abstraktionsprozess ist das Sammeln
von Eigenschaften:
“Welche Eigenschaften für ein Kunstprodukt könnt ihr in
diesem Beispiel (gewöhnlicher Tisch in einer Schulklasse,
etc.) erkennen?“
Der zweite Schritt auf dem Abstraktionsweg ist das
Zusammenfassen der bisher gesammelten Eigenschaften
und wenn nötig, das Sondern der Eigenschaften von den
Voraussetzungen und Folgen.
Es lassen sich etwa in diesem Schritt die Attribute für ein
Kunstprodukt von den Attributen für ein Nicht-
Kunstprodukt sondern.
Der dritte Schritt ist die Frage nach weiteren Beispielen:
„Seht euch die gesammelten Eigenschaften genau an und
fragt auf dem Hintergrund eigener Beispiele, die euch jetzt
einfallen, ob noch Eigenschaften fehlen.“
Dadurch soll das genaue Hinsehen geübt werden, das
oberflächliche Betrachtungsweisen vermeiden hilft.
Der vierte Schritt ist das Trennen von notwendigen und
hinreichenden Eigenschaften.
Notwendige Eigenschaften bei der Wesensbestimmung
sind solche, die, würde man sie der Sache wegnehmen,
dazu führen, dass es sich nicht mehr um diese Sache
handelt, sondern um eine andere.
Abstraktion heißt nun, dass wir die zufälligen Eigenschaften
herausnehmen: „Denkt bitte jetzt nach, welche dieser
Eigenschaften an jedem nur denkbaren Kunstprodukt
erkennbar ist!“ Dann werden die Eigenschaften einzeln
abgefragt: „Ist diese Eigenschaft an jedem nur denkbaren
Kunstprodukt erkennbar?“ Auch hier ist der Ort für
Argumentation.
Der fünfte und letzte Schritt ist die Erarbeitung von
wesentlichen Kriterien: „Wodurch kann ich einen
Kunstgegenstand von jedem anderen beliebigen
Gegenstand unterscheiden?“
Werden diese Kriterien genannt (Beispiel: -Bedeutung, die
über das Geschaffene, Form und Funktion, hinausweist – zu
Kunst erklären), ist es möglich, ein Kunstprodukt von allen
möglichen anderen Produkten zu unterscheiden. Mit
diesen Kriterien hätten wir eine Begriffsbestimmung eines
„Kunstproduktes“ vorgenommen, die das Wesentliche
enthält.
Dieses Beispiel eines Sokratischen Gesprächs ist auf
Erwachsene zugeschnitten, lässt sich aber ohne
Schwierigkeiten auf die Bedingungen eines 3. oder 4.
Schuljahres transformieren.
Das Sokratische Gespräch eignet sich in besonderer Weise
für Begriffsbestimmungen bzw. –klärungen.
3. Gedankenexperimente
Bedeutung des
Gedankenexperiments für
Erkenntnis- und Wissenserwerb
PhilosophInnen gelten als SpezialistInnen für
Gedankenexperimente und „mögliche“ Welten. Da die
äußere Welt arm an möglichen, physischen Abenteuern für
Kinder ist und diese sich zunehmend in künstliche
Medienwelten flüchten, gewinnt diese Methode, Fäden von
der wirklichen Welt in mögliche Welten zu spinnen, einen
besonderen Reiz.
Die Rückkehr aus der Abenteuerreise in die Wirklichkeit,
ausgestattet mit den Flügeln der Fantasie und dem
Kompass des urteilenden Verstandes bewirkt nicht selten
die wertvolle Erkenntnis im Sinne Lichtenbergs: „Es könnte
alles ganz anders und besser eingerichtet sein.“
Die Bedeutung von Fantasie, Vorstellungskraft,
Einbildungskraft oder Imagination für das
Gedankenexperiment veranschaulicht Eisler in seinem
„Wörterbuch der Philosophie“, indem er Fantasie als
„Betätigung des Geistes im Sinne der relativ selbständigen,
vom Gegebenen mehr oder weniger abweichenden
anschaulichen Synthese, Kombination von
Vorstellungselementen zu neuen Gebilden und
Zusammenhängen“ umschreibt. „Die Phantasie hat ihre
eigene ‚Logik’, ihre eigenen einheitlich anschaulichen
Zusammenhänge und ist zuhöchst eine Richtung derselben
Geisteskraft, die im Denken zum Ausdruck kommt.“
John Dewey: „Die eigentliche Funktion der Imagination ist
das Erkennen der Realität und von Möglichkeiten, die nicht
unter den normalen Bedingungen der sinnlichen
Wahrnehmung zutage treten können. Ihr Ziel ist, das
Vergangene, Abwesende, Dunkle zu erhellen.
Die bildhafte Schau und der verknüpfende Gedanke bilden
nach Aby Warburg neues Wissen, menschliche Erkenntnis
entsteht nach Hume und Kant aus dem Zusammenspiel
von Sinneseindrücken oder Sinnlichkeit, Einbildungskraft
und Verstand. Einbildungskraft ist eine
Grundvoraussetzung für die Bewältigung von
Gedankenexperimenten.
Der Fähigkeit, durch das Tatsächliche hindurch das
Mögliche zu erkennen, verdankt der Mensch sich selbst und
seinem bisherigen, evolutionären Erfolg. Ohne sie wäre
sein Handeln niemals über das Niveau der Reflexe und
Instinkte hinausgelangt.
In der Entwicklung des Möglichkeitssinns sollten wir
deshalb eines der vornehmsten Ziele von Bildung erblicken,
denn er schärft nicht nur die sinnliche Wahrnehmung,
sondern ist auch eine exzellente Schulung des analytischen
Denkens.
Nach Christian Wolff besteht das Geschäft der Philosophie
darin, das Denkbare zu denken, das Mögliche in seiner
Möglichkeit zu bestimmen, die „Bedingungen der
Möglichkeit“ von etwas zu rekonstruieren, mit anderen
Worten, das, woran wir glauben wollen, als möglich
einzusetzen.
Wesen des Gedankenexperiments
Das Experiment ist ein kreatives Spiel mit dem Gegebenen.
Im aturwissenschaftlichen Experiment spielen wir mit der
Natur; wir wirken bewusst auf die objektive Wirklichkeit ein
und verändern diese; dabei stellen wir der Natur eine
kontrafaktische Frage (was würde geschehen, wenn...), mit
der wir einen möglichen Sachverhalt unterstellen, worauf ja
der Begriff Hypothese hindeutet. Am Anfang und Ende
eines Experiments steht die Überlegung, das Denken.
Einbildungskraft schafft nicht ziel-, plan- und
zusammenhanglos, sondern schöpferisch und spielerisch-
experimentell, indem sie eine mögliche anschauliche und
gedankliche Struktur entwirft, die der Verstand dann auf
Widerspruchsfreiheit, innere Stimmigkeit, Sinn und
Plausibilität überprüft.
Gedankenexperimente sind Ausflüge der Fantasie und des
Verstandes in mögliche Welten. Hans Poser unterscheidet
fünf Typen von Gedankenexperimenten:
•
das realisierbare und realisierte,
•
das realisierbare, aber nicht realisierte,
•
das nicht realisierbare,
•
das absurde und
•
das fiktive.
Nutzen von Gedankenexperimenten
für einen philosophisch orientierten
Unterricht und Gespräche mit
Vorschulkindern
Philosophieren heißt mit Gedanken spielen, Gedanken
analysieren, sie nach Regeln variieren, sie mit anderen
Gedanken verflechten, die Verknüpfungen von Gedanken
auf ihre Reiß- und Zugfestigkeit zu testen und die
Standfestigkeit von Gedankengebäuden zu überprüfen und
ähnliche Operationen auszuführen.
Daniel Dennett: „Es ist in der Tat eine der höchsten
Berufungen der Philosophie, Mittel und Wege zu finden,
um den Menschen zu helfen, den Wald und nicht nur die
Bäume zu sehen.“
Mit Hilfe von Gedankenexperimenten lassen sich neue
Fragen stellen, Beweisführungen entwickeln, implizite
Annahmen aufdecken, Folgen von Setzungen durchspielen,
Zusammenhänge aufklären, allgemeine Prinzipien
demonstrieren, Denkmöglichkeiten erforschen, u. ä. .
Wer Gedankenexperimente ausführt, erkundet ausgehend
von den Erfahrungen des Wirklichen das Mögliche, um dem
Notwendigen bzw. Nicht-Notwendigen, dem Kontingenten
oder Zufälligen auf die Spur zu kommen.
Gedankenexperimente als „Intuitionspumpen“ haben
neben ihrer Erkenntnis- auch eine bedeutsame
pädagogisch-didaktische Funktion. Ihre Anschaulichkeit
und Konkretheit, ihr nicht selten phantastischer und
bizarrer Charakter und ihr emotionaler Gehalt „versüßen“
das in ihnen verschlüsselte philosophische Problem und
locken den philosophischen Neuling zu Ausflügen in
mögliche, gedankliche Welten, die seine ganze Denk- und
Vorstellungskraft herausfordern.
Da man mit Kant und Wittgenstein zufolge nicht
Philosophie, wohl aber philosophieren lernen kann, kommt
alles auf das Erlernen des philosophischen Tuns, das im
Experimentieren mit Gedanken (und mit Sprache) besteht,
an.
Gianni Rodari zitiert Novalis’ Wort „Hypothesen sind Netze,
nur der wird fangen, der auswirft“: „Die Wirklichkeit kann
man durch den Haupteingang betreten, aber auch durch
ein Fensterchen in sie hineinschlüpfen, was viel
vergnüglicher ist.“
Beispiele für ein
Gedankenexperimente:
„Wenn alle Dinge zu Rauch würden“...
Begrenztheit der sinnlichen Wahrnehmung im Hinblick auf
die Möglichkeit von Erkenntnis, Wissen und Wahrheit.
„Wenn alle Menschen in Dörfern lebten ...
Abhängigkeit menschlichen Denkens, menschlicher
Lebenswirklichkeit von seiner Lebensumwelt.
Ernst Mach, „Erfinder“ des Begriffs „Gedankenexperiment“:
„Der Projektemacher, der Erbauer von Luftschlössern, der
Romanschreiber, der Dichter sozialer und technischer
Utopien experimentiert in Gedanken. Aber auch der
Kaufmann, der ernste Erfinder oder der Forscher tut
dasselbe. Alle stellen sich Umstände vor und knüpfen an
diese Vorstellung die Erwartung, Vermutung gewisser
Folgen; sie machen eine Gedankenerfahrung. Während
aber die ersteren in der Phantasie Umstände kombinieren,
die in Wirklichkeit nicht zusammentreffen, oder diese
Umstände von Folgen begleitet denken, welche nicht an
dieselben gebunden sind, werden letztere, deren
Vorstellungen gute Abbilder der Tatsachen sind, in ihrem
Denken der Wirklichkeit sehr nahe bleiben. Auf der mehr
oder weniger genauen unwillkürlichen Abbildung der
Tatsachen in unseren Vorstellungen beruht ja die
Möglichkeit der Gedankenexperimente.
Beispiel für unser Thema: Kinderbuch „Paul allein auf der
Welt“,
4. Szenische Interpretation
(Ingo Scheller)
Eine verhältnismäßig neue Methode, Texte gedanklich zu
erschließen, ist das „Szenische Interpretieren“, das im
Unterschied zum diskursiven vornehmlich das präsentative
Denken verlangt.
Unter Berücksichtigung der Besonderheiten von Texten aus
dem Leserepertoire der Grundschule, der verschiedenen
Jahrgangsstufen und der zeitlichen Möglichkeiten innerhalb
eines philosophisch orientierten Unterrichts(in Einzelfällen
auch in der Kita möglich und erprobt) schlage ich die
folgenden Methoden des szenischen Interpretierens vor:
Standbild als Unterbrechen von
Handlungsabläufen
Diese Standbilder entstehen durch Unterbrechen von
Handlungsverläufen an bestimmten Stellen durch „Stopp-
Rufe“. Die Spielenden erstarren in ihren Haltungen. Das
Ganze gleicht einem Schnappschuss.
Mögliche Deutungen: Erkundung von Gedanken und
Gefühlen, indem die Spieler aus ihren Rollen heraus sagen,
was sie gerade denken.
Die Projektionen der Beobachter werden sichtbar gemacht,
indem diese nacheinander hinter die Personen treten,
ihnen die Hand auf die Schulter legen und in Ichform
sagen, was diese ihrer Meinung nach gerade denken.
Standbild als Einnehmen und
Zeigen von Haltungen
Die Teilnehmer erstarren in Haltungen, die zeigen, wie sie
zu bestimmten Situationen, Personen und Ereignissen
stehen. Die Spieler entscheiden selbst über ihre Haltung
und suchen nacheinander ihre Position auf. Sie verlassen
das Standbild in umgekehrter Reihenfolge.
Mögliche Deutungen: Gedanken und Gefühle öffentlich
machen, indem die Spieler aus ihrer Rolle heraus sagen,
was sie gerade denken und empfinden.
Projektionen der Beobachter verdeutlichen(siehe oben)und
Spieler veranlassen, jene Zuschreibungen zu benennen, die
ihren Vorstellungen am nächsten kommen. Fragen der
Beobachtenden an einzelne Personen im Standbild. Die
Antworten erfolgen aus der jeweiligen Haltung heraus.
Situationsbezogene Standbilder
Situationen werden auf einen bestimmten Moment
zugespitzt als Bilder aufgebaut und gestaltet. Die
Hauptspielerin sucht aus der Gruppe die Darstellerinnen
aus und formt deren Haltungen. Dabei wird nicht
gesprochen. Haltungen werden modelliert, die Mimik
hingegen vorgemacht und anschließend „eingefroren“.
Mögliche Deutungen: Zunächst erläutert die Hauptspielerin
ihr Standbild in Bezug zu dargestelltem Text und /oder Bild.
Um welche Situation geht es? Was geschieht? Wo und wann
genau findet die Szene statt? Wer sind die Personen und
was machen sie gerade?
Die Hauptspielerin tritt nacheinander hinter die
dargestellten Personen, legt ihnen die Hand auf die
Schulter und spricht ihre Gedanken aus. Abweichende
Deutungen von Beobachtern und Spielerinnen werden
ausgesprochen.
Statuen bauen
Statuen sind Skulpturen bzw. Denkmäler. Sie zeigen den
Grundgestus, den Titel von Szenen, Haltungen,
Beziehungen. Sie abstrahieren, verallgemeinern und
bringen bildlich auf den Begriff.
Szenisches Lesen
Der Text wird gelesen, indem reihum jeweils ein Satz
vorgetragen wird. Dabei sollen unterschiedliche
Intonationen erprobt werden. Dadurch können
unterschiedliche Haltungen und Bedeutungen sichtbar
gemacht werden. Daraus entstehen Rollenvorstellungen,
die die Beziehungen zwischen Personen bzw. Positionen
definieren.
Szenisches Spiel
Spieler handeln aus detaillierten Rollen- und
Szenenvorstellungen heraus in vorgestellten Situationen.
Es geht nicht nur um die szenische Erkundung und
Darstellung, sondern auch immer um das, was die Spieler
in der Rolle und der Szene von sich zeigen und erfahren.
Alle Aussagen zitiert nach Ingo Scheller, Szenisches Spiel,
Berlin 1998
Szenisches Interpretieren
am Beispieldes Kinderbuchs
„Was ist das? fragt der Frosch“
Max Velthuijs, Verlag Sauerländer
1.
Es handelt sich stets um die Inszenierung von
Situationen, in denen Kinder ihre Vorstellungen zu
einem Thema symbolisieren.
2.
Verhaltensmuster werden von Kindern angeeignet und
erprobt.
3.
Bei Vorschulspielen (Rollenspielen) handelt es sich
jeweils um erlebte, nicht symbolisierte Realität, da diese
nicht reflektiert wurde.
4.
Szenisches Spiel ist symbolisierte Handlung, aus der
das Kind immer wieder aussteigen kann.
5.
Im Spiel wird aus der Rolle eine Figur, im Handeln
werden über das Leibgedächtnis frühere Erfahrungen
aktiviert.
6.
Szenisches Interpretieren könnte die dem
Philosophieren adäquate Form der präsentativen
Deutung sein (im Unterschied zur diskursiven).
Das Beispiel zum o.g. Kinderbuch:
•
Die Kinder denken über Tiernamen nach, suchen sich
ein Tier aus, interviewen sich gegenseitig.
•
Körperhaltung, Gestik, etc. des ausgesuchten Tieres
werden geübt.
•
Jedes Kind interpretiert sein „Schwein“ selbst (soziale
Komplexität einer Lerngruppe wird sichtbar). Es stellt
sein „Schwein“ vor.
•
Es werden Bilder des Buches eingefügt, z. B. „Wie geht
der Hase?“
•
Es wird ein entsprechender Raum mit wenigen
Hilfsmitteln als Spielfläche umgebaut, die Kinder
beschreiben den Raum, z. B. anhand der Frage „Wo ist
die Landschaft (aus dem Buch)?“
•
Tiergruppen sitzen in vier Ecken, während das Buch
vorgelesen wird. Die Geschichte wird an bestimmten
Stellen unterbrochen und die Frage gestellt: „Was denkt
das Tier gerade?“ Die Antworten der Kinder sollen sich
in der Regel auf einen Satz beschränken. Beispiel: Der
Frosch steht auf der Leiter. Was denkt er? Auf diese
Weise wird ein „innerer Dialog“ ausgelöst. Es wird das
eingebracht, was das Leben außerhalb des Bilderbuchs
darstellt.
•
Beispiel einer weiteren Unterbrechung: Entdeckung der
toten Amsel. Eine situationsbezogene Rollenbefragung
ist an dieser Stelle angebracht. Der Frosch steht vorn
(oder sitzt auf einem Stuhl), die Kinder treten mit
situationsbezogenen Gedanken, die für den Frosch in
„Ich“-Form ausgesprochen werden, hinter den Frosch.
Die Äußerungen werden von der Lehrkraft zu einem
Stimmenorchester komponiert und dirigiert. Die Kinder
werden von der Froschfigur je nach Bedeutung ihrer
Antworten für den Frosch nach vorn, in die Mitte oder
nach hinten gestellt. Wir lernen, was Kinder tatsächlich
in der Rolle denken und geben ihnen dabei
„Rollenschutz“.
•
Während des Stimmenorchesters reflektiert die Figur
unwillkürlich über die Frage: “Was passiert in mir?“ Wir
können auf diese Weise etwas auf einen Begriff
bringen, ohne einen Begriff zu machen.
•
Die Beerdigungsrituale werden gespielt, das
Nachstellen kann zum Beispiel in Geschlechtergruppen
erfolgen. Es wird eine bestimmte Haltung fixiert,
wodurch das Aufkommen der Gefühle, zum Beispiel
Trauer, ermöglicht wird (Standbild).
•
Die Schlussszene sollte gespielt oder als Standbild
dargestellt werden.
Texttheater
Eine Alternative zum Vorlesen und eine Übung zum Erwerb
von Deutungskompetenz: Das TEXTTHEATHER!
Welche Spielregeln gelten für das Texttheater?
Die wichtigste Spielregel lautet, dass der Wortlaut der Zitate
nicht verändert werden darf, wohl jedoch durch Art und
Weise des Vortrages variiert und dadurch in seiner Aussage
bekräftigt, verfremdet oder karikiert werden soll:
•
Die Zitate können monoton oder gehetzt, im Sing-Sang,
mehrfach wiederholend, unterschiedlich betonend
vorgetragen werden
•
Sie können im Befehlston, in Frageform, ironisch,
sarkastisch oder naiv vorgetragen werden
•
Die gewünschte Deutung des Zitats kann durch
Körpersprache, Pantomime, durch Sprechpausen,
rhythmisches Klopfen, usw. verdeutlicht werden
•
Variierendes Wiederholen
•
Polarisieren durch Gegenüberstellung einander
widersprechender Zitate.
Es finden Deutungen auf zwei Ebenen statt: Durch den
Dirigenten und individuell durch jede Mitwirkende.
Eva Zoller Morf, die Schweizer Kinderphilosophin, sieht den
Beginn einer philosophischen Denkbewegung stets im
„Hinterfragen einer gegebenen Situation“. Genau dazu
bietet das Texttheater vielfältige Möglichkeiten.
Mit anderen Worten: Wir erleben mehr als das, was sich
durch mechanisches Dekodieren eines Textes erreichen
lässt!!
Zudem verhilft es Kindern, auch wenn sie nur wenige
Vorkenntnisse mitbringen, zu einem zugleich spielerischen
und aktiv –fragenden Umgang mit Texten.
Szenische Interpretation von Bildern
Bilder bringen in erstarrter Form und in einer bestimmten
Perspektive Momente einer Geschichte zur Erscheinung.
Als Ausschnitte, Reduktionen und Interpretationen geben
sie visuelle Einblicke in Lebensräume, natürliche und
soziale Zusammenhänge, in Gegenstände, Haltungen und
Handlungen von Menschen unterschiedlicher Epochen,
Kulturen und Schichten. Bilder werden gemacht: Die Wahl
des Motivs, die Inszenierung des Ausschnitts, die
Festlegung der Perspektive, die Darstellungsweise und das
Material ermöglichen eine Vielzahl von
Realitätstäuschungen und Inszenierungen ökonomisch und
ideologisch verwertbarer Vor-Bilder der Selbstdarstellung,
Identitätsbildung und Wunschbefriedigung. Bei der
szenischen Interpretation werden Bilder als
Momentaufnahmen von Szenen aufgefasst, die sich die
Teilnehmer vorstellen, in die sie sich einfühlen, in denen sie
handeln, die sie perspektivisch erleben, verfremden und
historisieren. Dabei kann ihnen nicht nur bewusst werden,
dass Bilder perspektivische und interessengeleitete
Entwürfe und Konstruktionen sozialer Wirklichkeit sind, sie
können auch erfahren, welche Wünsche, Bedürfnisse und
Lebensentwürfe durch Bilder bei ihnen angestoßen und in
bestimmter Weise interpretiert werden.
Sucht euch das Bild aus, das euch am meisten anspricht.
Baut es als Standbild auf und sucht den Ort im Bild oder
außerhalb des Bildes, der euch am meisten interessiert.
Erläutert im Gespräch mit dem Spielleiter eure Sichtweise.
Schaut euch die Bilder genau an. Achtet dabei vor allem auf
die Kleidung, die Körperhaltungen und die Interaktionen
der abgebildeten Personen. Stellt euch vor, ihr seid
genauso gekleidet. Erprobt entsprechende Geh-, Steh- und
Sitzhaltungen sowie Interaktionsweisen.
Sucht euch ein Bild aus, das ihr genauer interpretieren
wollt - zusammen mit Partnerinnen. Schaut euch das Bild
genau an und klärt die abgebildete Situation so genau wie
möglich. Baut mit Hilfs-Objekten den Raum auf, beschreibt
ihn de- tailliert und sucht den Ort und die Haltung, die ihr
im Raum einnehmen würdet. Begründet eure Position.
Verteilt die Rollen der Personen, die auf dem Bild sicht- bar
sind. Eine übernimmt die Rolle der Malerin bzw. Fotografin.
Schaut euch die Person, in die ihr euch einfühlen wollt,
noch einmal genau an, ahmt die Körperhaltung, Gestik und
Mimik nach und sucht nach Bewegungsformen. Schreibt
eine kurze Rollenbiographie für die Person. Entwickelt
Körper- und Sprechhaltungen und stellt die Person bei
einer Alltagsbeschäftigung vor.
Schreibt auf, was die Person, die ihr übernommen habt, in
der Situation mit welchen Intentionen und Gefühlen tut
und was sie vorher getan hat. Stellt in der Gruppe das Bild
nach. Jede nimmt die auf dem Bild sichtbare Haltung ein
und erstarrt darin. Eine beginnt aus der Rolle heraus zu
monologisieren: Sprich alles aus, was der Person gerade
durch den Kopf geht. Wenn dir nichts mehr einfä1lt,
beginnt die Nächste mit dem Monolog.
Wenn ihr alle aus der Rolle heraus die Gedanken
ausgesprochen habt, geht zum Spiel über. Die Spielerin der
Bildproduzentin unterbricht immer wieder durch Stopp-
Rufe, fragt nach den Gedanken und Gefühlen der Personen
und teilt ihre eigenen mit. Brecht das Spiel ab und sagt aus
den Rollen heraus, was ihr gerade erlebt habt.
Zeigt eure Szenen im Plenum: Zunächst baut die
Produzentin das Bild auf und interpretiert es. Dann
korrigieren die Spieler das Bild nach ihrer Vorstellung. Sagt
dann kurz aus der Rolle heraus, was die Personen gerade
denken, und geht zum Spiel über. Wenn der Spielleiter das
Spiel unterbricht, sagt aus der Rolle heraus, was ihr gerade
denkt. Zeigt als Beobachter in einer Statue bzw. mit einer
Stimmenskulptur, wie ihr die Haltungen und Beziehungen
der Personen gesehen habt. Zeige als Produzentin in einer
Statue, was du mit deinem Bild deutlich machen wolltest.
Material mit Kommentaren: Mann/Schröter/Wangerin
1995; Scheller 1987b, 1995c, 1996a.